Wie gross ist der CO2-Fussabdruck von Solarstrom? In der aktuellen Diskussion um die Energiewende und den künftigen Ausbau der Solarenergie wird diese Frage wieder aktuell. Trotz gestiegener Treibhausgasemissionen aufgrund der Produktionsverlagerung nach China schneidet der Solarstrom nach wie vor deutlich besser ab als Elektrizität aus fossilen Quellen. Und die PV-Technologie hat noch erhebliches Potenzial, um die Bilanz in Zukunft weiter zu verbessern.
von Irene Bättig im Auftrag von Swissolar
Die Produktionsverlagerung von Photovoltaikmodulen nach Asien, insbesondere China, hat deren Preise seit 2006 um über 60 % sinken lassen. Diese erfreuliche Entwicklung hat jedoch ihre Schattenseite: Weil die Produktion von mono- und polykristallinen Solarmodulen viel Strom benötigt und dieser in China vorwiegend aus fossilen Quellen stammt, hat sich die Klima-Bilanz des Solarstroms verschlechtert. Dies zeigt eine Studie aus dem Jahr 2014, welche die Firma Treeze im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE) erstellt hat.
Herkunft der Module
Chinas Marktanteil in der gesamten Herstellungskette von mono- und polykristallinen Zellen lag gemäss der Treeze-Studie im Jahr 2011 bei 73 bis 81 %. Und in China sind die Treibhausgasemissionen bei der Produktion um rund 75 % höher als in Europa, wo teilweise Wasserkraft und Kombikraftwerke eingesetzt werden und auch der durchschnittliche europäische Strommix deutlich weniger Treibhausgase emittiert als der chinesische.
Ausgehend vom genannten Produktionsmix berechneten die Autoren die Klimabelastung des Solarstroms aus einer monokristallinen, auf einem Schweizer Schrägdach installierten PV-Anlage. Beim eingesetzten Modulwirkungsgrad von 15,1 % und einer Lebensdauer von 30 Jahren betragen die Treibhausgasemissionen 88 g CO2 eq/kWh. Vergleicht man diese Werte mit früheren Jahren, zeigt sich folgendes Bild: 2009 betrug der Marktanteil chinesischer Module gemäss einer Studie von PSI und ESU-Services hierzulande erst ein Drittel. Bei einem damals durchschnittlichen Modulwirkungsgrad von 14 % resultieren dabei Treibhausgasemissionen von 79 g CO2 eq/kWh (1).
Systemwirkungsgrad hat deutlich zugelegt
Die Studie macht deutlich, dass die Produktionsverlagerung nach Asien die Klimabilanz verschlechtert hat. Allerdings stellt sich die Frage, ob die Studie die technologische Entwicklung der letzten Jahre genügend berücksichtigt. Der eingesetzte Wirkungsgrad von 15,1 % entsprach im Jahr 2011 etwa dem Marktdurchschnitt monokristalliner Zellen. Die Entwicklung geht jedoch rasant weiter. Bis 2013 ist der durchschnittliche Wirkungsgrad monokristalliner Module gemäss der Fachzeitschrift Photon International (Ausgabe 2/2014) bereits bei rund 16 % angelangt, auf dem Markt sind Module mit Wirkungsgraden über 21 % erhältlich.
Nebst dem Modulwirkungsgrad hat auch die so genannte Performance Ratio einen grossen Einfluss auf die Effizienz einer PV-Anlage. Dieser Wert bezeichnet, wie viel des in den Modulen produzierten Stroms tatsächlich am Ort der Nutzung ankommt. Entscheidend sind hierbei vor allem die Verluste bei der Umwandlung des Gleichstroms in Wechselstrom. Die genannten Studien gehen alle von einer Performance Ratio von 75 % und einem Stromertrag pro installierte Leistung von 922 kWh/kWp aus. Dieser Wert entspricht etwa dem durchschnittlichen Ertrag der Schweizer Bestandsanlagen, der gemäss Markterhebung Sonnenenergie von Swissolar im Jahr 2012 bei 975 kWh/kWp und 2013 bei 913 kWh/kWp lag. Darin enthalten sind jedoch auch über 20-jährige Anlagen. Seither ist die Performance Ratio jedoch deutlich gestiegen – unter anderem durch technologische Fortschritte bei den Wechselrichtern. Ein modernes PV-System weist heute einen Systemwirkungsgrad von 85 % auf, im Schweizer Mittelland mit einer Solareinstrahlung von 1100 W/m2a beträgt der jährliche Ertrag pro kWp also 935 kWh/kWp, in Bergregionen mit einer jährlichen Einstrahlung von 1500 W/m2a bis zu 1300 kWh/kWp. Würden diese Zahlen eingesetzt, läge die Klimabelastung des Schweizer Solarstroms aus optimal ausgerichtet, und in den Bergen montierten Anlagen also deutlich tiefer, als in der Treeze-Studie berechnet.
Faktor Einstrahlung
Wie diese Zahlen bereits andeuten, ist der Standort einer Solaranlage mitentscheidend für die Klimabilanz des Solarstroms. Deshalb fällt die Ökobilanz des Solarstroms in südlichen Ländern deutlich besser aus als für eine Schweizer Durchschnittsanlage: Eine 2013 erschienene Studie aus den USA bezifferte den CO2-Fussabdruck von Solarstrom aus Süditalien mit einer jährlichen Solarstrahlung von 1700 W/m2: Selbst bei einem eher tief angesetzten Wirkungsgrad von 14 %, einer Performance Ratio von 75 % und rein chinesischen Modulen liegen die Treibhausgasemissionen bei 72 CO2 eq/kWh – deutlich tiefer als in der Schweiz.
Doch egal, mit welchen Daten gerechnet wird, hat Solarenergie bereits heute einen deutlich kleineren Fussabdruck als beispielsweise Erdgaskraftwerke die rund 450 g CO2-eq ausstossen. Und sie leistet einen bedeutenden Beitrag zur Reduktion des Verbrauchs an nicht erneuerbaren Energien: Liefert eine Schweizer PV-Anlage den Strom ins europäische Netz und verdrängt dort die klassische thermische Stromproduktion, hat sie bereits nach 2,5 Jahren den Verbrauch nicht erneuerbarer Primärenergie um so viel reduziert, wie für die Herstellung der Anlage benötigt wurde (R. Itten et al.).
Treibhausgasemissionen werden weiter sinken
Noch besser wird die Klimabilanz in Zukunft aussehen. Denn es sind noch einige Potenziale zur Effizienzsteigerung vorhanden – vor allem in den Bereichen Moduleffizienz, Materialverbrauch oder Lebensdauer. Zudem ist zu erwarten, dass sich der Strommix in den Herkunftsregionen verändern wird. So ist in China eine deutliche Reduktion des Kohlestroms zu erwarten. Diese Entwicklungen sind in der Treeze-Studie in drei Zukunftsszenarien abgebildet. Selbst bei einem konservativen Szenario rechnen die Autoren bis 2050 mit einer Reduktion der Treibhausgasemissionen aus PV-Strom in der Schweiz um mehr als ein Drittel, bei einem realistischen Szenario um knapp 70 %, bei gleichen Marktverhältnissen wie heute. Beim realistischen Szenario, das von einem Modulwirkungsgrad von 25,2 %, einer Lebensdauer von 35 Jahren und einem reduzierten Materialbedarf an Silizium, Silber und Glas ausgeht, wird der CO2-Ausstoss einer dachintegrierten, monokristallinen Solaranlage nur noch knapp 26 g CO2/kWh betragen.
Klimafreundliche Alternative
Damit wird der PV-Strom bis 2050 so klimafreundlich wie die heutige Wind- und Wasserkraft und erreicht ähnlich tiefe Treibhausgasemissionen wie die Kernenergie heute. Letztere belastet die Umwelt insgesamt jedoch deutlich stärker als alle anderen Energieformen, ausgenommen Kohlekraft. Das Risiko, das die Technologie birgt, ist dabei noch nicht einmal berücksichtigt. Der Strom von der Sonne ist also bereits heute und vermehrt noch in Zukunft eine umweltfreundliche Alternative zur fossilen und zur Kernenergie. Und nicht nur das technologische, sondern auch das Ausbaupotenzial auf Schweizer Dächern ist noch längst nicht ausgeschöpft.
- In der Studie Umweltauswirkungen der Stromerzeugung in der Schweiz von PSI und Esu-Services (2012) wurde der CO2-Ausstoss auf 97 g/kWh beziffert. Dabei wurden dem Solarstrom aber Netzverluste in der Höhe von 8,8 % angelastet. Zur direkten Vergleichbarkeit haben R. Itten et al. 2014 die Bilanz ohne Netzverlust neu berechnet und zudem den Strommix der verschiedenen Regionen aktualisiert.
- Itten, F. Wyss, R. Frischknecht, Treeze Ltd, 2014, LCI of the global crystalline photovoltaics supply chain and of future photovoltaics electricity production. Herausgeber: Bundesamt für Energie
- Bauer, R. Frischknecht, P. Eckle, K. Flury, T. Neal, K. Papp, S. Schori, A. Simons, M. Stucki, K. Treyer, 2012, Umweltauswirkungen der Stromerzeugung in der Schweiz. PSI, Esu-Services, im Auftrag des Bundesamts für Energie BFE
- Yue et al., 2014, Domestic and overseas manufacturing scenarios of silicon-based photovoltaics: Life cycle energy and environmental comparative analysis, Solar Energy 105 669–678
- Markterhebung Sonnenenergie 2013, Teilstatistik der Schweizerischen Statistik der erneuerbaren Energien, Swissolar im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE)