Die Solarhäuser in Reichenburg versorgen sich selbst mit Solarstrom, der an den Fassaden, auf den Dächern und an einer Schallschutzwand produziert wird. Zudem werden mit dem Solarstrom auch Ladestationen betrieben. (Quelle: www.solarhaus-reichenburg.ch/Sanjo Management AG)

Solarstrom gemeinsam produzieren und nutzen

Auch wer keine eigene Solaranlage besitzt, hat nun die Möglichkeit, lokal produzierten Sonnenstrom zu beziehen. Denn seit Anfang Jahr können sich benachbarte Liegenschaften zusammenschliessen, um Solarstrom gemeinsam zu nutzen. Dabei profitiert nicht nur der Anlagenbetreiber, sondern auch die angeschlossenen Nachbarparteien.

 

von David Stickelberger, Geschäftsleiter Swissolar, Schweizerischer Fachverband für Sonnenenergie

Der Solarstrom vom eigenen Hausdach ist heute günstiger als jener, der vom Energieversorger geliefert wird. Und je mehr Haushalte sich die Ernte teilen, desto profitabler ist der Solarstrom. In einem Mehrfamilienhaus gibt es nicht nur die Berufstätigen, die vor allem am Morgen und Abend Strom brauchen, sondern auch das Rentnerpaar, das tagsüber zuhause ist, den Vater, der seinen Kindern das Mittagessen kocht, oder Gewerbetreibende, die tagsüber arbeiten. So wird möglichst viel Solarstrom zeitgleich mit der Produktion gebraucht und muss nicht ans öffentliche Netz abgegeben werden.

 

Über Grundstückgrenzen hinweg

Das Stichwort dazu heisst «Zusammenschluss zum Eigenverbrauch» (ZEV): Seit Anfang Jahr dürfen sich nicht nur Wohnungen im selben Haus, sondern auch mehrere aneinandergrenzende Parzellen zusammenschliessen, um Sonnenstrom vom eigenen Hausdach zu nutzen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Beteiligten Eigentümer oder Mieter sind. Im Fall von Mietwohnungen legt die neue Energieverordnung fest, dass der intern verkaufte Strom nicht teurer sein darf als jener, der extern bezogen wird. Wenn der Stromverbrauch des Zusammenschlusses die Grenze von 100 Megawattstunden pro Jahr übersteigt, kann dieser im freien Strommarkt einkaufen wo er will und profitiert von den günstigsten Preisen. Bereits ab etwa 25 Wohnungen inklusive Allgemeinstrom wird diese Grenze überschritten.

 

Auch Mieter profitieren

Das Gesetz macht nur wenige Vorgaben, wie sich der ZEV zu organisieren hat. Handelt es sich um ein neues Mietobjekt, können die Mieter zur Teilnahme verpflichtet werden. Bei bestehenden Mietverhältnissen braucht es die Einwilligung der Mieter, was aber angesichts des günstigen Solarstroms kaum eine Hürde sein dürfte. Austreten kann ein Mieter jedoch nur, wenn der Hausbesitzer seine Pflichten vernachlässigt, oder wenn er selbst über 100 MWh verbraucht. Wenn sich mehrere Eigentümer zusammenschliessen, müssen sie festhalten, wer den ZEV nach aussen vertritt, wie abgerechnet wird und welches Stromprodukt von aussen bezogen wird.

Neu gilt zudem, dass die ZEV ihre Messungen selber vornehmen darf. Die Mitglieder der ZEV müssen zwar dem örtlichen Elektrizitätsversorger gemeldet werden, dieser betreibt aber nur noch den Stromzähler beim Netzanschluss der ZEV. Damit können die bisher oft beträchtlichen Kosten für Zählermiete reduziert werden. Allerdings bieten auch verschiedene Elektrizitätswerke die interne Abrechnung der EVG als Dienstleistung an.

 

In Huttwil entsteht bis 2020 das Energiequartier Hohlen mit über 90 Wohneinheiten. Das Quartier soll sich mit dem auf Dächern und Balkongeländern produzierten Solarstrom weitgehend selbstständig versorgen. (Quelle: IGD Grüter AG)

Rentable Investition

Ein fiktives Beispiel veranschaulicht, wie sich der Betrieb einer Eigenverbrauchsgemeinschaft rechnet: Drei neue Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 15 Wohnungen im Stockwerkeigentum sind mit einer Photovoltaikanlage von 35 Kilowatt Leistung (ca. 230 Quadratmeter) ausgestattet, die rund 60 000 Franken kostet. Davon abzuziehen ist der Förderbeitrag des Bundes in Form einer Einmalvergütung von 14 900 Franken. Die Anlage liefert jährlich etwa 33 000 Kilowattstunden Solarstrom. Die Häuser werden mit einer Wärmepumpe beheizt, die so gesteuert ist, dass sie möglichst dann läuft, wenn die Sonne scheint und die Solaranlage Strom liefert. Die Parkgarage ist mit vier Elektro-Ladestationen ausgestattet. So können im Jahresmittel etwa 60 Prozent des Solarstroms zum Zeitpunkt der Produktion verwendet werden und die Stockwerkeigentümer beziehen etwa 20 000 Kilowattstunden weniger Strom vom Netz, der 20 Rappen kosten würde. Stattdessen bezahlen sie für den Solarstrom vom eigenen Dach nur 13 Rappen pro Kilowattstunde, dazu kommen noch die Kosten für Messung und Abrechnung von ca. 120 Franken pro Wohnung und Jahr. Der überschüssige Solarstrom wird ans öffentliche Netz abgegeben und wird vom örtlichen Netzbetreiber mit 7 Rappen pro Kilowattstunde entschädigt. Die Solaranlage liefert 25 Jahre lang günstigen Strom und 2 Prozent Zins für das investierte Kapital. Fazit: Eine äusserst interessante Investition und zugleich ein sinnvoller Beitrag an eine sichere, saubere und nachhaltige Energieversorgung.

Wer sich für eine eigene Photovoltaikanlage interessiert, lässt sich am besten von einem zertifizierten Solarprofi beraten: www.solarprofis.ch