Unternehmen produzieren täglich eine grosse Flut an Daten. Einige dieser Daten, zum Beispiel Verträge oder Rechnungen, werden gesichert und über Jahre gespeichert, um schliesslich entsorgt zu werden. Wenn sich ein Unternehmen aber heute effektiv um diese Daten kümmert und sie für die Zukunft nutzbar macht, erleichtern sie ihm künftig strategische Entscheidungen – und bringen damit Wettbewerbsvorteile.
Von Stefan Schmid, Dipl. El.-Ing. ETH, BSG Unternehmensberatung AG
In einem Unternehmen erfüllen jedes Dokument und jeder Datenbankeintrag ihren unmittelbaren Zweck. Wie aber können wir Daten von heute in zehn oder zwanzig Jahren verwenden? Welche Informationen sind dann noch von Interesse? Welche Daten sind überhaupt noch vorhanden und nutzbar? Die meisten Unternehmen machen sich darüber wenig Gedanken. Sie sind froh, wenn die wichtigen Daten abgespeichert sind, die Mitarbeiter Zugriff darauf haben und die Datensicherung den Rest übernimmt. Den Rest?
Von der Datenflut profitieren
Unternehmensdaten nehmen im Durchschnitt jedes Jahr um mehr als 30 Prozent zu. Die anfallenden Geschäftsdaten werden sich in den nächsten fünf Jahren mehr als verdreifachen. Ein durchschnittlicher Mitarbeiter produziert heute etwa 100 Megabyte Daten pro Woche; in fünf Jahren wird diese Datenmenge von jedem Mitarbeiter täglich generiert. Daten wie E-Mails, Dokumentationen, Berichte, Akten, Korrespondenz oder Verträge und Rechnungen sowie etliche Datenbanken gehören zu dieser wachsenden Datenflut. Ein Teil davon gilt als geschäftskritisch und wird deshalb nach Verwendung nicht einfach gelöscht, sondern muss irgendwie aufbewahrt werden. Die Projektablagen, E-Mail-Archive, Verträge und Zahlungsdaten werden aufgrund von gesetzlichen Vorschriften gesichert. Konkret landen diese Daten in einer Sicherung, verharren dort für die nächsten zehn oder fünfzehn Jahre und werden dann fachgerecht entsorgt. Hätten diese Daten nicht besser genutzt werden können?
Der Wert von Daten, die sich im Lauf einer Unternehmensgeschichte anhäufen, übersteigt den üblichen Gebrauchswert bei Weitem. Der Trend zeigt: Die über Jahre erarbeiteten Daten und Informationen entwickeln sich mehr und mehr zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil, wenn Unternehmen:
- aktuelle und historische Daten zur Geschäfts- und Prozessoptimierung nutzen,
- den Zugriff auf bereits erarbeitete Datenbestände schnell und einfach gestalten und dadurch Innovationen
vorantreiben können, - beispielsweise Prozessvalidierungen an bereits existierende Daten anlehnen und damit Design-Zyklen und
Time-to-market verkürzen, - mit ihren Erfahrungswerten Chancen und Risiken besser beurteilen und so dynamischer im Markt auftreten.
Zusatzinformationen schaffen Mehrwert
Um diesen Wettbewerbsvorteil zu nutzen, sind drei Voraussetzungen nötig: Erstens bleiben die Daten verfügbar, zweitens sind sie leicht auffindbar und drittens wissen die Mitarbeiter, wie sie die vorhandenen Daten wiederverwenden. Dafür sind Zusatzinformationen nötig. Als Beispiel sei die digitale Musiksammlung erwähnt: Erst mit Informationen zum Format und zu den Audiodaten wie Titel, Interpret, Album oder Genre wird die Sammlung nutzbar. Fehlen solche Informationen, ist die Datensammlung wertlos.
Diese Zusatzinformationen sind es also, die eine Ablage von Unternehmensdaten wertvoll machen. Mehrwert erzielt deshalb derjenige, der die Daten mit charakteristischen Zusatzinformationen aufbewahrt und das enthaltene Wissen weiterverwendet. In einem Unternehmen sind drei Bausteine entscheidend, um Daten mit Informationen anzureichern:
Technik: Informations- und Kommunikationstechnik schafft die Basis für die Speicherung. Sie stellt Werkzeuge zur Verfügung, um die Daten mit Informationen zu verknüpfen und zu speichern.
Organisation: Dort, wo Mitarbeiter Daten produzieren und Wissen einsetzen, entstehen Informationen. Die Geschäftsprozesse müssen so ausgelegt sein, dass Daten und die dazugehörigen Informationen aufbewahrt werden.
Strategie: Unternehmensinformationen sind ein strategisches Betriebsmittel. Sie sind wertvoll, um Chancen wahrzunehmen und Gefahren abzuwenden. Sie sind nicht vollständig imitierbar und es existiert keinerlei Ersatz.
Der strategische Wert der Daten
Umgesetzt in die Praxis ergeben sich daraus folgende Empfehlungen: Eine einzige Ablage für alle Unternehmensdaten genügt. Die verschiedenen Dokumente müssen logisch strukturiert und mit stichwortartigen Attributen versehen werden, damit eine Verbindung zwischen den einzelnen Informationen möglich ist. So lassen sich Daten aus unterschiedlichen Quellen einfach und schnell finden und sinnvoll verknüpfen. Halten sich die Mitarbeiter an die Ablagerichtlinien und ist eine umfassende und schnelle Suchfunktion vorhanden, wie wir sie zum Beispiel von Google kennen, steht der Nutzung und der Bewirtschaftung der Daten nichts im Weg.
Dank einer sauberen Struktur und aussagekräftigen Attributen kann das Unternehmen die wenigen relevanten von den vielen nicht relevanten Daten trennen. Diese Unterscheidung sowie das Aufbewahren der relevanten Daten dürfen im Unternehmen nur einen minimalen Aufwand verursachen. Sonst lohnt sich die Ablage nicht. Es sind schliesslich nur wenige Dateien, die in Zukunft wieder verwendet werden können.
Was möglich ist, wenn man seine Datenbestände beherrscht und zu bewirtschaften weiss, haben uns Google und Amazon vorgemacht: Sie verwenden die vorhandenen Daten ihrer Nutzer zur Individualisierung des Angebots und sind damit sehr erfolgreich. Ihre Daten werden nicht mehr ohne nennenswerten Nutzen abgelegt, sondern erhalten dank der gepflegten Struktur einen strategischen Wert.