Dank einem Projekt der Caritas Schweiz, unterstützt von der Plattform zur Förderung von erneuerbaren Energien und Energieeffizienz in Entwicklungs- und Transitionsländern REPIC, wird gebrauchtes Speiseöl auf der Insel Bali von einem Sozialunternehmen vor Ort eingesammelt und in Biodiesel umgewandelt. Der Reaktor dafür ist aufgebaut und läuft – diplomatische Fähigkeiten und Überzeugungskunst sind aber nach wie vor gefragt.
Von Karin Weinmann, im Auftrag von Repic
In Restaurants und Hotels auf der Urlaubsinsel Bali werden oft frittierte Speisen serviert. Doch was geschieht mit dem gebrauchten Öl? Um dies herauszufinden, reisten Vertreter der Caritas Schweiz nach Bali. „Wir nahmen zunächst an, dass das Speiseöl nach dem Gebrauch auf Deponien landet, wo es sich in klimaschädliches Methan umwandelt, oder einfach weggekippt wird, und so Gewässer und Böden verseucht – was beides natürlich der Umwelt schadet“, sagt Thorsten Reckerzügl, Projektleiter bei Caritas Schweiz. „Vor Ort wurde aber schnell klar, dass der grössere Teil des Öls vom Hotelpersonal unter der Hand an dubiose Zwischenhändler verkauft wird – und in Strassenküchen oder Privathaushalten wiederverwendet wird.“ Das bringt ein hohes Gesundheitsrisiko mit sich: Wenn Speiseöle wieder und wieder erhitzt werden, so zerfallen die langkettigen Moleküle und es bilden sich krebserregende Stoffe.
Treibstoff aus Frittieröl
Diese Praxis einfach zu verbieten, ist keine sinnvolle Lösung – es musste eine Alternative gefunden werden, wie das Öl wiederverwendet werden kann. Mit der Unterstützung von REPIC, der interdepartementale Plattform der Bundesämter SECO, DEZA und BFE zur Förderung von erneuerbarer Energie und Energieeffizenz in Entwicklungs- und Transitionsländern, startete Caritas Schweiz in Zusammenarbeit mit der balinesischen Gemeinde Denpasar, MyClimate und Kuoni ein Projekt mit dem Ziel, das Speiseöl in Biodiesel umzuwandeln. Wenn Biodiesel fossilen Diesel ersetzt, trägt dies zu einer Verminderung des globalen CO2-Ausstosses bei. MyClimate hat dies nach Goldstandard verifiziert und als CO2-Zertifikate an Kuoni weiterverkauft.
Das Prinzip ist einfach: Das Öl wird in Kanistern bei den teilnehmenden Hotels und Restaurants in der Region mit Kleinlastwagen regelmässig eingesammelt. In einem automatischen Biodieselgenerator wird das Altöl schliesslich mechanisch vorbehandelt und chemisch in Biodiesel umgewandelt. Dieser kann schliesslich in den meisten Dieselmotoren eingesetzt werden – es wird an die teilnehmenden Hotels und an andere Partner als Ersatz für fossiles Dieselöl verkauft.
Für den Betrieb wurde ein lokales Sozialunternehmen Yayasan Lengis Hijau (YLH) gegründet. Es soll das Business längerfristig selbständig führen.
Unterstützung von offizieller Seite
Das Projekt konnte die Unterstützung von REPIC gewinnen. Warum wurde es ausgewählt?
„REPIC konzentriert sich auf möglichst konkrete, innovative und marktorientierte Projekte, die mit ihren Ansätzen im Bereich der Erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz gute Aussichten auf einen erfolgreichen Beitrag zu den Herausforderungen in der Energie- und Umweltproblematik haben. Gleichzeitig müssen sie sozialen, ökologischen und ökonomischen Rahmenbedingungen im Partnerland verbessern können, dürfen jedoch noch Risiken bergen“, sagt Stefan Nowak, Koordinator REPIC.
Diesem Fokus entspricht das Projekt „Armut bekämpfen und Klima schützen – Biodieselproduktion durch Recycling von Alt-Speiseöl“ von Caritas Schweiz: „Es verfolgt eine breit abgestützte und nachhaltige Strategie, bindet die kulturellen und sozio-ökonomischen Faktoren im Projekt mit ein und verhilft zu einer selbständigen Geschäftstätigkeit im Partnerland“, so Nowak.
Die Unterstützung von REPIC war für das Projekt sehr wichtig – und nicht nur in finanzieller Hinsicht: „Insbesondere die Workshops waren sehr sinnvoll für uns – die Diskussionen haben uns bestärkt und wir erhielten wertvollen Input im Austausch mit anderen“, sagt Reckerzügl. Der Erfahrungsaustausch unter den Projektierenden ist denn auch eines der zentralen Anliegen von REPIC. Dafür organisiert die Plattform auch regelmässig Fachveranstaltungen und Workshops, in denen sich die Teilnehmenden vernetzen können.
Vollautomatischer Reaktor
Für das Herzstück des Projekts in Bali, die Umwandlung von Speiseöl in Biodiesel, wählte Caritas einen Reaktor des britischen Herstellers Green Fuels. Der Reaktor kann täglich bis 3000 Liter Altöl verarbeiten und funktioniert vollautomatisch.
Zunächst wird das Öl filtriert, um Partikel und andere Verunreinigungen zu entfernen. In einem nächsten Schritt wird das Wasser vom Öl abgetrennt. Um zu bestimmen, welche Mengen an Chemikalien für die Weiterverarbeitung notwendig sind, wird anschliessend die Qualität des Öls getestet. Nach dieser Vorbehandlung kommt der Reaktor zum Zug: Unter Verwendung von Methanol und mit Kaliumhydroxid als Katalysator wird das Öl zu Biodiesel umgeesthert. Als Nebenprodukt entsteht dabei Glyzerin, das zur Herstellung von Seife, Kosmetik oder Plastik weiterverwendet werden kann. Um das Glyzerin vom Biodiesel abzutrennen, reicht es, das Gemisch eine Weile stehenzulassen: Biodiesel ist leichter und schwimmt oben auf. Nach der Separation wird der Biodiesel in einem sogenannten Ionentauscher gewaschen und getrocknet und kann dann als Brennstoff verwendet werden.
Der entstehende Biodiesel ist von hoher Qualität – ist allerdings noch deutlich teurer als der reguläre Diesel in Indonesien, der staatlich stark subventioniert wird. Während der reguläre Diesel für rund 0.55 Fr. pro Liter verkauft wird, muss der Biodiesel rund 0.85 Fr. pro Liter einbringen, um die Produktionskosten zu decken. „Es gibt allerdings Anwendungen, für die der subventionierte Diesel von Gesetzes wegen nicht verwendet werden darf – zum Beispiel für Dieselgeneratoren, Heisswasserboiler oder für die Schifffahrt“, erklärt Reckerzügl. Hier lohnt sich der Einsatz von Biodiesel auch ökonomisch.
Überzeugungsarbeit zentral
Vor Ort war eine der grösseren Herausforderungen, die verschiedenen Hotels und Restaurants zum Mitmachen zu bewegen: „Das Management war eigentlich meist offen für eine Kooperation. Aber sie hatten Angst, dass es in ihren Küchenteams Widerstand geben könnte“, so Reckerzügl. Der Wiederverkauf des Altspeiseöls auf dem Graumarkt läuft schon seit langer Zeit, und die Mitarbeiter verdienen sich so einen Zustupf, den sie natürlich nicht einfach aufgeben wollen. „Die informelle Macht der Mitarbeiter war grösser, als wir gedacht hätten.“ sagt Reckerzügl. „Die balinesische Gesellschaft hält ausserdem eng zusammen. Wenn jemand wie wir von aussen kommt, ist es natürlich schwieriger, die Leute zu motivieren.“
Ein grosser Teil der Arbeit war und ist denn auch, Überzeugungsarbeit zu leisten. Der Betrieb ist mittlerweile in den Händen von YHL. Von den acht Mitarbeitern sind sechs hauptsächlich damit beschäftigt, mögliche Lieferanten und Abnehmer von den Vorteilen einer Kooperation zu überzeugen.
Das Projekt geht weiter
In Indonesien ist zudem die Korruption nicht gerade gering – und das Thema „grün“ oft eher ein Lippenbekenntnis als ein echtes Commitment. Auch gibt es Umweltprobleme, die sichtbarer sind und deshalb mehr Aufmerksamkeit bekommen – wie zum Beispiel die allgegenwärtigen Plastikabfälle. Im Bezirk von Denpasar hatten die Projektverantwortlichen aber Glück mit den Behörden: „Wir hatten einen grossen Rückhalt in der Gemeinde und konnten eng mit der Umweltbehörde zusammenarbeiten“, so Reckerzügl.
Sollte das Projekt wie geplant auf andere Bezirke ausgedehnt werden, ist nicht gesagt, dass es dort ebenso einfach ist: „Solche Dinge sind in Indonesien oft schwer planbar und viel stärker von Personen abhängig als etwa in der Schweiz“, so die Erfahrung von Reckerzügl. Es gibt aber bereits Interesse von weiteren Behörden. So zeigt sich die indonesische Hauptstadt Jakarta sehr offen für eine zukünftige Zusammenarbeit.
Wie geht es nun weiter? „Der Anstoss ist mit dieser Projektförderung gelungen, es gibt jedoch weiterhin viel zu tun um die notwendige Wirtschaftlichkeit des Sozialunternehmens sicherzustellen“, fasst Nowak zusammen. Aus Sicht von REPIC zählt das Projekt aber als Erfolg: „Als erfahrener Partner hat Caritas Schweiz mit diesem Projekt die relevanten Akteure eingebunden und damit eine gute Grundlage für die erfolgreiche Weiterentwicklung des Sozialunternehmens geschaffen“, so das Fazit von Nowak.
Über Repic
REPIC – Renewable Energy and Energy Efficiency Promotion in International Cooperation – ist eine interdepartementale Plattform zur Förderung der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz in Entwicklungs- und Transitionsländern. Sie wurde 2004 auf Initiative des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO), der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) sowie des Bundesamtes für Energie (BFE) geschaffen.
Die REPIC-Plattform unterstützt Projekte der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz unter Mitwirkung von Schweizer Unternehmen und Organisationen. Sie arbeitet dabei subsidiär zu den strategischen Anstrengungen und den vorhandenen Instrumenten der beteiligten Bundesämter.
Nützliche Links: www.repic.ch